Kultur & Genuss am Fluss und beim Wein
Der Kulturtourismus boomt, Eventreisen für den Kurzurlaub sind angesagt und das Erleben unterschiedlicher kultureller Szenen hat Hochkonjunktur.
Ob klassische Konzertreisen, Theater- oder Ausstellungsreisen, das Publikum goutiert meist eine Kombination aus Kultur und Genuss. Wo könnte das nicht besser gelingen als in der trinationalen Region Oberrhein mit den Ländern Deutschland, Frankreich, Schweiz. Willkommen im «Upper Rhine Valley», einer der schönsten Regionen in Europas Mitte.
Unsere Reise ins Dreiländereck begann gleich mit dem ersten Höhepunkt, der Stadt Basel. Nicht nur wegen der aussergewöhnlichen Museumsdichte, sondern auch wegen der einmaligen Kombination aus Kultur und Lebensgefühl – ein Mekka für Gourmets und kunstaffine Besucher. Nicht minder ansprechend gestaltete sich die Fortsetzung ins Elsass, wo wir das weltgrösste Automobil Museum besichtigten, ein absoluter Hotspot nicht nur für Oldtimer-Liebhaber. In Freiburg, das zwar nicht am Rhein liegt, aber dafür zwischen den badischen Weinbergen, haben wir unsere Reise mit dem Kulturgut Wein beendet, nicht ohne auch noch einen Kurzbesuch ins deutsche Uhrenmuseum im Schwarzwald zu machen, das in diesem Jahr sein 170-jähriges Jubiläum feiert.
Basel
Mit rund 40 Museen gilt die Schweizer Stadt am Rhein als Hochburg für Kunst und Kultur mit weltberühmten Museen und einer jungen, dynamischen Kunstszene. Eine kosmopolitische, weltoffene Stadt, die für jedes Alter etwas zu bieten hat – vor allem aber für Kunstliebhaber und Architekturfans. Diesen offenbart sich bei einem Stadtbummel gleich die ganze Palette an architektonischer Zeitgeschichte: futuristische Bauten von Herzog & de Meuron, Mario Botta und Renzo Piano, moderne Architektur von berühmten Architekten wie Frank O. Gehry, Zaha Hadid und Tadao Ando und als Kontrast dazu die historischen Fachwerkhäuser aus dem 15. Jahrhundert in der gut erhaltenen Altstadt – ein überall präsenter Mix aus Alt und Modern. Dazwischen laden Strassencafés oder «Buvetten» (kleine Bars am Fluss) zum Verweilen ein, aber auch Biergärten, wo heimisches Bier gebraut wird. Die eigentlichen Publikumsmagnete sind aber die nahezu 40 Museen, von denen einige weltweites Renommee geniessen, wie zum Beispiel die Fondation Beyeler, das Museum Tinguely, das nahe Vitra Design Museum auf der deutschen Seite in Weil am Rhein und natürlich das Kunstmuseum Basel.
Zwischen Museen, Rheinschwimmen und Grand-Hotel-Atmosphäre
Gegründet im Jahr 1661, zählt es zu den ältesten Museen weltweit und beherbergt Kunstwerke der klassischen Moderne, von Pablo Picasso über Henri Matisse und Joan Miró bis Paul Klee. Gerade floriert das Museum mit der einmaligen Sonderausstellung mit Bildern von Pablo Picasso (1881–1973) und dem auf Kreta geborenen Altmeister Doménikos Theotokópoulos, besser bekannt als El Greco (1541–1614), und zwar im Dialog von 40 Meisterwerken der beiden Künstler. Ein must-see ist auch die Fondation Beyeler etwas ausserhalb von Basel in einem wunderschönen Park gelegen. Anlässlich seines 150. Geburtstags widmet sich die momentane Ausstellung ganz dem niederländischen Maler Piet Mondrian. Zu sehen sind neben seiner frühen niederländischen Landschaftsmalerei aus dem späten 19. Jahrhundert auch seine berühmten Werke des Symbolismus und Kubismus. Erst ab den 1920er Jahren konzentrierte sich der Künstler auf eine komplett gegenstandslose Bildsprache mit rechtwinkliger Anordnung von schwarzen Linien auf weissen Flächen und den drei Grundfarben Blau, Rot und Gelb, die ja hinlänglich bekannt sind.
Einen besonderen Augenschmaus hält das Tinguely Museum bereit und das schon beim Betreten des grosszügigen Skulpturen-Parks und einem modernen Backsteingebäude mittendrin. Die Ausstellung zeigt sämtliche Werke des Künstlers Jean Tinguely, die wegen ihrer Abstraktheit in Formgebung und Interpretation schon einmalig sind. Neben diesen eigenwilligen Skulpturen werden auch Zeichnungen, Ausstellungsplakate und Kataloge sowie Fotografien in der Sammlung gezeigt.
Wenn man hier aus dem Fenster des Museums schaut, will man seinen Augen nicht trauen, denn von einem kleinen Strand aus werfen sich die Basler in die Fluten des Rheins und lassen sich bis zum Stadtzentrum treiben. Das Schwimmen im Rhein ist hier anscheinend eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen und dank dem «Wickelfisch», einem luftdichten Sack, bleiben die Kleider trocken. Und egal, wo man dann aus dem Wasser steigt, Duschen gibt es überall am Rheinufer, genauso wie Bars für einen Apéro zum Sunset. Bester Platz dazu ist die Terrasse der Brasserie im Hotel «Les Trois Rois», eines der ältesten Stadthotels Europas, erbaut im Jahr 1844 als eines der ersten Grand Hotels. Und das ist es im wahrsten Sinne auch heute noch. Wer hier logiert, wird zum Zeitzeugen über Jahrhunderte mit architektonischen Variationen zwischen Jugendstil und Renaissance, gespickt mit edlem Interieur, bezaubernden Blumenarrangements aus der eigenen Fleurs-Boutique und viel gerühmter Sterneküche im «Cheval Blanc» mit 3-Sterne-Koch Peter Knogl. In den 101 Zimmern und Suiten haben schon gekrönte Häupter, wie Napoléon, Queen Elisabeth II. und Kaiserin Michiko von Japan genächtigt und auch Pablo Picasso ist hier ein und aus gegangen. Heute zählt das «Drei Könige» nach seiner Renovierung im Jahr 2004 und Wiedereröffnung 2006 zum Besten, was Basel zu bieten hat für Gäste, die den ausserordentlich angenehmen Service eines Grand Hotels zu schätzen wissen.
Ja, es fällt schwer dieses Hotel gegen unseren vierten Museums-Besuch einzutauschen. Zu schön ist es einfach, hier zu wohnen oder dem kleinen Fährverkehr zwischen den Rheinufern von Grossbasel nach Kleinbasel zuzuschauen. Dort hat sich mit dem «Volkshaus» ein Hotel mit feiner Brasserie und Bar etabliert, das genau das Gegenteil zum «Drei Könige» darstellt: statt Opulenz zeitgemässer Minimalismus im Boutique-Stil mit hoher Qualität in der Ausstattung. Die architektonische Grosszügigkeit und ein behutsamer Umgang mit der historischen Bausubstanz prägen das Ambiente der 45 Zimmer, die von den renommierten Architekten Herzog & de Meuron designt wurden. Das zeitgenössische Kunstkonzept springt einem schon in der Lobby ins Auge und ist zumindest in Basel einmalig. Nicht weit ist es von hier dann ans Rheinufer oder zur «Kaserne» mit Rooftop-Bar und Innenhof, wo gerade viele Live-Events stattfinden. Wer übrigens in einem Basler Hotel logiert, bekommt die BaselCard gratis dazu. Mit der grossen Ausstellung «Plastik. Die Welt neu denken» lockt uns das Vitra Design Museum nach Weil am Rhein über die Grenze nach Deutschland. Mit dem Tram geht das in 20 Minuten und schon von Weitem sieht man das Wahrzeichen als grossen Edelstahlturm mit Rutsche für Gross und Klein. Im Mittelpunkt der momentanen Ausstellung steht die Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Plastik – vom rasanten Aufstieg der Kunststoffe im 20. Jahrhundert über ihre verheerenden Folgen für die Umwelt bis hin zu Lösungsansätzen für einen nachhaltigeren Umgang mit diesem kontroversen Material. Neben angesagten Objekten der Pop-Ära gibt es auch zahlreiche aktuelle Entwürfe und Projekte im Wohnbereich zu sehen. Eine ganz eigene Wirkung haben die stylischen Gebäude selbst, die ganz in Weiss eine besondere Eleganz ausstrahlen. Schade eigentlich, bei all den kulturellen Highlights kam das Kulinarische etwas zu kurz. Aber so viel soll noch erwähnt sein: Wegen seiner hohen Dichte an guten Lokalen wurde Basel zur Schweizer GenussStadt 2022 gekürt und das sollte man unbedingt auf einer Basler Food-Tour quer durch die Stadt und mehrere Lokale testen. Wir verlassen die Stadt nicht, ohne vorher noch das Basler Läckerli – ein lebkuchenartiges Gebäck – zu probieren.
Eine Entdeckungsreise der besonderen Art
Les Trois Rois
Grand Hotel, Basel
Elsass
In Mulhouse – nur einen Katzensprung von Basel entfernt – liegt das Oldtimer-Museum «Cité de l’Automobile». Hier haben die berühmten Gebrüder Schlumpf das weltweit grösste Automobilmuseum geschaffen mit den schönsten und auch edelsten Fahrzeugen, wie dem Bugatti Royale, den Rolls Royces und Ferraris! Sie alle haben Geschichte geschrieben, die man in Animationen, Videos und Simulatoren zu sehen bekommt und in der Boutique auch kaufen kann. Schon beim Betreten der 17ʼ000 m² grossen Fabrikhalle, einer ehemaligen Weberei, kriegt man Gänsehaut: Autos am Plafond und Oldies an der Bilderwand mit den dazu gehörigen Heroes der Motorwelt – ein komplettes Universum aus Chrom, Leder und markanten Ausstattungsmerkmalen. Der Wow-Effekt stellt sich bereits in der 1. Halle mit Oldtimern bis hin zu den modernen Fahrzeugen ein – eine Geschichte, erzählt anhand von 243 Kultmodellen. Dann kommt man von der Halle mit Rennautos zu den «Traumautos» mit aussergewöhnlichen Modellen, die das Herz höher schlagen lassen und dafür muss man wirklich kein Autofreak sein. In dieser dunklen Halle funkelt geputztes Chrom ganz besonders und wenn man Glück hat, findet man hier noch sein allererstes Auto – den VW Golf (Baujahr 1970). Die eigentlichen Stars dieser Manege sind aber die legendären und seltenen Bugattis und nicht zu vergessen der Bugatti Veyron mit seinem atemberaubenden Geschwindigkeitsrekord. Hier muss man sich richtig losreissen, denn immer wieder findet man das Lieblingsauto, das man gerne mitnehmen möchte. Aber wir wollen ja noch ein wenig die Elsässer Weinstrasse geniessen und folgen ihr bis Colmar. Als älteste Weinstrasse Frankreichs durchquert sie an die 70 Dörfer, in denen mehr als 1ʼ000 Winzer ihre Grand Cru Weine produzieren: den Riesling, Muscat, Pinot Gris und den Gewürztraminer. Wir degustieren am liebsten den Crémant d’Alsace wegen seiner fein sprudelnden Perlen und der Frische im Geschmack. In Colmar hätten wir gerne das Schokoladenmuseum «Choco-Story» besucht, aber es reichte nur für eine Stippvisite im Viertel «Klein-Venedig» in der Altstadt mit den besten Foto Motiven.
Sonnenterrassen zwischen Schwarzwald und Rhein
Badische Weinstrasse
Kaiserstuhl-Tuniberg Route
Freiburg
Dass wir hier im sonnigsten Süden Deutschlands gelandet sind, beweisen die Temperaturen von über 30 Grad bei unserer Ankunft, aber es weht eine leichte Brise und unser Hotel, das Park Hotel Post nahe der Altstadt, liegt fussläufig zum Augustiner Museum. Aus dem ehemaligen Kloster ist ein richtiges architektonisches Schmuckstück geworden, das heute eine stattliche kunst- und kulturgeschichtliche Sammlung vom Mittelalter bis zum Barock sowie Malerei des 19. Jahrhunderts darbietet. In der ehemaligen Klosterkirche kommen die ausgestellten Altäre, Skulpturen und Gemälde des Barocks am besten zur Geltung. Gerade läuft hier die Ausstellung «Freiburg und der Kolonialismus», die zeigt, wie die Menschen auch hier vom europäischen Kolonialismus profitierten – allen voran von den afrikanischen Staaten und speziell von Namibia. Keine schöne Geschichte und das tragische Ende kennt man ja. Umso positiver und harmonischer ist so ein Bummel danach an den Freiburger Bächle entlang durch die pittoresken Gässle von «Klein Venedig» zwischen Martinstor und Schwabentor mit seinen historischen Gebäuden und urig verzierten Häuserfassaden.
Wir schlendern durch das mittelalterliche Schwabentor, gustieren eine «Rote» (spezielle Wurst) am Münsterplatz, lassen uns von den Glasfenstern im Freiburger Münster bezaubern und landen im Haus «Alte Wache», heute das Haus der badischen Weine. Wie passend, denn gerade ist Weinfest in der Stadt und hier kann man seine Favoriten verkosten. Das denkmalgeschützte Gebäude auf dem Münsterplatz ist eines der wenigen Relikte des 18. Jahrhunderts, das von den Bomben des Zweiten Weltkriegs nahezu unversehrt blieb. Damals war hier die Österreichische Wachorganisation stationiert, heute die faszinierende Vielfalt regionaler Weine. Immerhin darf sich das Badische als drittgrösste Weinregion mit 15ʼ000 Hektar Rebfläche etwas einbilden – auch auf seine Rebsorten wie Gutedel, Weiss- und Grauburgunder, Muskateller, Chardonnay und Spätburgunder als Rotwein. In der «Alten Wache» gibt es dafür nicht nur ein Probierstübchen, sondern auch ein lauschiges Plätzchen auf der Terrasse mitten im Treiben rund um den Münsterplatz. Wen es danach in die Kühle des Schwarzwalds zieht, der hat unterwegs auch noch die Möglichkeit, in Furtwangen das deutsche Uhrenmuseum zu besichtigen. Uhrenkennern wird das Herz höher schlagen angesichts der 8ʼ000 Objekte und an die 1ʼ000 Ausstellungsstücke – von der Schwarzwälder Holzuhr bis zur faszinierenden Planetariumsuhr aus dem 18. Jahrhundert. In diesem Jahr feiert das Museum sein 170-jähriges Bestehen und gehört damit zu den ältesten Techniksammlungen überhaupt – ein must-see für alle Uhrenliebhaber.